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Projekt-Workshop November

Von 2. November 2023November 14th, 2023Allgemein

Geschichte vor der Haustür

Spurensuche zu Rechtsextremismus in der Geschichte und heute

Ein offenes Geschichtsprojekt des Ernst-Moritz-Arndt-Gymnasiums und des Vereins PRORA-ZENTRUM
Rügens größte Schule macht schon seit vielen Jahren Projektarbeit mit verschiedenen außerschulischen Bildungseinrichtungen. Mit dem PRORA-ZENTRUM besteht die Kooperation schon stabil seit über zwanzig Jahren.

In dieser Zeit entstanden viele tolle Ergebnisse zur NS- und DDR-Geschichte der Insel, der Heimat der Schülerinnen und Schüler, die sich in regelmäßigen Wahlpflichtkursen informierten, Aufsätze
veröffentlichten, an Exkursionen teilnahmen, Stolpersteine pflegten, in intensiven Projektwochen Themen tiefgründig erschlossen und sogar eigene Ausstellungen präsentierten.

Aber: die Zeiten ändern sich – gerade im Fach Geschichte weiß man das. Einen Ersteindruck über den Stoff erhält man nicht mehr in Zeitungen, sondern in sozialen Medien, aus Schnitzeljagden wurden
Actionbunds und Projekte über mehrere Jahre lässt der Lehrplan kaum noch zu. Die Schülerinnen und Schüler, die im Vorfeld der diesjährigen Projektwoche ihren Namen unter dem
Titel „Medienworkshop: NS-Geschichte“ wussten zu diesem Zeitpunkt noch nicht, dass sie Pionierarbeit leisten würden, entstand das Ziel doch erst im Findungsprozess. Schnell wurde klar:
Niedrigschwellig und nachhaltig soll das Produkt sein, was man gemeinsam erzeugen wolle.

So entstand die Idee für diesen Blog.

"Die Ignoranz und dass die Menschen vergessen, dass dort Individuen hinter stehen. Diese Ignoranz macht mich traurig, dass schnell Dinge gesagt werden, die diskriminierend oder verletzend sind, ohne dass daran gedacht wird, dass es sichtlich um Menschen geht"

Antonia

Ein Vormittag in Bergen (Fill-in Videos)

Am Dienstag, dem 24 Oktober begaben wir uns, der Projektkurs NS Geschichte auf Rügen nach Bergen. Ein Ort der viele traurige Geschichten verbirgt, hauptsächlich über Mord, Suizid und Deportation. Trotzdem möchten wir davon Berichten, denn es ist mehr als nur Tod hinter jedem dieser Geschichten, es sind Menschen, meist Juden, die erst ausgeschlossen dann angegriffen wurden und schließlich aus der Geschichte verschwinden sollten.

Unser Rundgang begann am Ernst-Moritz-Arndt Gymnasium auf Rügen dort wo wir heute alle lernen und leben. Heute ist es ein wunderbares Gymnasium, aber mit einer dunklen Geschichte, denn es war das erste Gymnasium in Vorpommern in welchem mehr als 70% der Schüler der Hitlerjugend angehörten, eine Forderung der Nazis, welche den Schulen Prestige und Stolz bringen konnte.

Auch durch andere Beispiel wie die Stolpersteine auf dem Bergender Marktplatz wurde dies weiter verdeutlicht, z. B. durch Albert Noack: Er war ein angesehener Händler. Eines Tages, ziemlich kurz nach der Machtübernahme der Nazis, kam ein Mann von der NSDAP nach Bergen, der einforderte, dass Juden stärker ausgegrenzt werden müssen. Daraufhin haben ihn seine „Freunde“ schwerst ausgegrenzt, einige Zeit später nahm er sich dann aufgrund dessen das Leben im Haus am Rand des Markts, in dem heute ein Barbershop ist.

Ein weiteres Beispiel ist das Haus auf dem Markt, in dem sich heute eine Bäckerei befindet, das Bewo Haus auf dem Markt und das Wohnhaus, das schräg gegenüber liegt. Nicht nur Menschen, sondern auch Gebäude haben eine Geschichte. Die heutige Bäckerei war zum Beispiel das frühere Quartier der Hitlerjugend, unter anderem auch der Gymnasiasten. Eine sehr spannende Geschichte haben zudem das heutige Bewo Gebäude und das schräg gegenüberliegende Wohnhaus.

Im Gymnasium gab es zwar auch Biologie, Geschichte, Sport, Deutsch und fast alle anderen Fächer, aber sie bezogen sich immer auf das die Ideologie der Nationalsozialisten: In Biologie gab es die „Rassenkunde“, in Geschichte wurde Deutschland glorifiziert, in Deutsch gab viel mehr Literatur, die den Idealen der Führung entsprachen und Sport stand viermal in der Woche an, um die zukünftige Generation an Kriegern gut vorzubereiten.

Nach 20 Minuten gingen wir dann weiter Richtung Markt, um uns die andere Perspektive anzuschauen. Wir nutzten den Weg, um uns zu unterhalten und eine Meinung zu bilden und umso mehr wir dachten, desto klarer wurde, wie schwer die Juden es eigentlich hatten und was sie durchmachen mussten, dazu später mehr. Als wir am Anfang des Markts waren, lernten auch durch das Beispiel von Anna Grosse, dass Juden über die Zeit immer stärker diskriminiert wurden, erst wurden Läden von Juden stark benachteiligt und die Einkäufer öffentlich bloßgestellt, bis hin zum Fall von Anna Grosse, die sich in einen Juden verliebte.

Als dies herauskam, wurde ihr Mann deportiert und sie durch zwei Märsche in Gingst und dann Bergen bloßgestellt und beschimpft und dann kam sie zum Schluss ins Gefängnis, wurde aber, da sie Deutsche war, nach einigen Tagen wieder entlassen. Sie musste mit dieser Schmach weiterleben „Juden Dirne“ genannt zu werden.

Das erst genannte war nämlich die Stammkneipe der Rechten und das zweitgenannte das der Linken. Dadurch ergaben sich dann am Abend nach dem sie getrunken und gegessen haben und sich dann trafen einige Handgreiflichkeiten, jedoch hieß der Platz damals Platz der SA, eine Unterorganisation der NSDAP. Deshalb gewannen natürlich immer die Rechten und die Linken wurden schlecht dargestellt und waren dann die Verantwortlichen. Sie wurden z. B. für den Mord an Hans Mallon einem Gymnasiasten und überzeugten Rechten verantwortlich gemacht, was den Nazis natürlich ein Vorbild, eine Galionsfigur gab.

Diese Beispiele haben zwar viele Unterschiede, sind aber im Kern das gleiche, sie wiederspiegeln die Benachteiligung und Unterdrückung der Menschen, der Linken oder auch Juden, durch die Nazis. Damit sie ihre Ideale, ihre Herrschaft weiterführen können und ein Deutsche Großreich erschaffen können gegen Juden und Linke und für Deutsche Rechte.

Quelle: Prora Zentrum

Projektbeschreibung von Dennis Grunendahl

„Die Herausforderung ist die Unzufriedenheit der Leute und die kanalisiert sich im Augenblick im Rechtsextremismus“

Herr Watermann, Lehrer des EMA-Gymnasiums

Sassnitz

Am vorletzten Tag, dem Donnerstag sind wir, die Projektwoche NS Geschichte auf Rügen, auf unseren letzten und kleinsten Ausflug gegangen. Und zwar nach Sassnitz zum Schloss Dwasieden. Ein sehr unbekanntes Schloss, das, wie der Name schon sagt, in Dwasieden liegt, in der des Hauses der Jugend. Falls einige es nicht kennen, liegt es wahrscheinlich daran, dass das Schlossgebiet sehr lange Zeit fürs Militär genutzt wurde und deswegen versucht wurde es geheim zuhalten.

Es wurde 1873 bis 1877 vom Architekten Friedrich Hitzig erbaut im Auftrag von Adolph von Hansemann, der Inhaber der Disconto Gesellschaft in Berlin war und einer der reichsten Menschen der Welt, zeitweise der reichste Mensch in Deutschland. Jedoch fand das Schloss ein jähes Ende als es in den 1930er von seinem Enkel Gert von Oertzen an die Stadt Sassnitz verkauft wurde, unter der Bedingung, dass es nicht militärisch genutzt würde. Der Stadt Sassnitz war dies jedoch egal, als sie es 1935 an die Regierung, die NSDAP verkauften.

Daraufhin übernahm es die Kriegsmarine und es wurde zur Schiffsartillerieschule (Entfernungsmeßschule), es war eine von 3 Schulen in Deutschland unter der Leitung von Heinrich Bertram, jedoch wurde sie nach Kriegsende fast vollständig zerstört durch die Russen, da das Schloss als militärische Einrichtung genutzt wurde. Nach dem Krieg übernahm es dann die DDR und machte das Gelände zum Gebiet Volksmarine, unter anderem wurde es zur Ausbildung von U-Boot-Besatzungen genutzt. Nach dem Fall der Mauer 1989 übernahm es wieder Staat und heutzutage gibt es zwar nur noch vereinzelte Ruinen, man kann diese jedoch durch eine Tour besichtigen oder privat hinfahren.

"Auf Homophobie bezogen ist mir Rechtsextremismus schon oft aufgefallen, aber auch Rassismus, Sexismus und Diskriminierung gegenüber Religionen."

Paula

Prora

Am dritten Tag der Projektwoche ging es für die Gruppe nach Prora. Dort sollte zwischen 1936 und 1939 ein massives Gebäude Komplex errichtet werden. Die Überbleibsel kennen wir heute als das KdF Gebäude. Wäre das KDF nach den Visionen der Nationalsozialisten fertiggestellt worden, wäre es eines von vier im deutschen Reich gewesen. Hätte es entlang der Küste Prora eine Länge von etwa 4,5 Kilometer gehabt.

Jedes der unzähligen Zimmer hätte Platz für eine Familie gehabt und ein Meerblick ermöglicht, es hätte sogenannte Liegehallen mit Wärmeanlagen gegeben, um auch in den kalten Jahreszeiten die frische Luft zu genießen. Anschließend an den Treppenhäusern gab es Badezimmer mit dem jeder im Gebäude Zugang zu hygienischen Mitteln gehabt hätte, fortschrittlich für die Zeit. Es gab zweistöckige Restaurants mit Glasfassade mit Meerblick und all das für einen erschwinglichen Preis, selbst für einfache Arbeiter.

Der Bau des KDF erzeugte viele Arbeitsplätze, viele Bauunternehmen konkurrierten gegen einander, es stellte zu der Zeit ein der größten Arbeitergeber der Region dar. Das Unternehmen zog große öffentliche Aufmerksamkeit auf sich. Es wusste ein jedermann von der Insel Rügen, es zeigte, wie sehr sich die Partei für das Wohlbefinden ihrer Wähler einsetzt.

1939 begann der Zweite Weltkrieg, um mehr Ressourcen für die Kriegsbemühung aufzuwenden wurde der Bau gestoppt, übrig blieb nur der Rohbau und nur 500 m erbaut.

Aktionstag 17.07.2019

Aktionstag im PRORA-ZENTRUM zur NS- und DDR-Geschichte Proras

"Ich bin halb albanischer Herkunft und hatte bereits oft Auseinandersetzungen mit Rechtsextremen, obwohl ich hier aufgewachsen bin und perfekt Deutsch spreche."

Marina Ibrahimi, Schülerin des EAM-Gymnasiums